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Modul 8

DIE VORMESSE

Stufengebet

StufengebetDer Beginn der hl. Messe mit dem Stufengebet ist besonders charakteristisch für den überlieferten römischen Ritus. Es wird vor der untersten Altarstufe gebetet und will dem Priester bewusst machen, wo er steht.

Altarstufen

Die Altarstufen bedeuten einerseits den inneren Aufstieg zu Gott durch die drei göttlichen Tugenden [Glaube, Hoffnung und Liebe]. Andererseits versinnbilden sie den Berg Golgotha, auf dem Jesus sein Blut für uns vergossen und sein Kreuzesopfer dargebracht hat.

Schon im Alten Bund spielen Berge als Orte der Nähe Gottes und als Opferstätten eine wichtige Rolle. Besonders bedeutsam ist in diesem Zusammenhang das Opfer des Abraham auf dem Berg Moria: „Gott sprach: ‚Nimm deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, den Isaak, begib dich in das Land Moria und bringe ihn dort auf einem der Berge, den ich dir noch zeigen werde, zum Brandopfer dar!‘“ (Gen 22, 2) Nach alten Überlieferungen könnte dieser Berg Moria durchaus identisch sein mit Golgotha. Wie Isaak ist auch Jesus der einzig geliebte Sohn, der selbst das Holz für sein Opfer getragen hat.

KerzeDie symbolische Deutung des Altares als Golgothaberg wird unterstrichen durch die Gegenstände auf dem Altar: Das Altarkreuz erinnert an das blutige Opfer Jesu, die drei Leinentücher bedeuten die Grabtücher, und die Kerzen symbolisieren das Licht der Auferstehung. All dies soll uns lebhaft bewusst machen, dass im heiligen Messopfer nichts anderes geschieht als damals auf Golgotha. Das Kreuzesopfer wird in jeder hl. Messe in unblutiger Weise auf dem Altar gegenwärtig gesetzt. Daher ziemt es sich, mit eben solcher inneren Haltung zum Altar hinzuzutreten, wie es einem Aufstieg auf Golgotha entspricht.

Über die Bedeutung des Emporsteigens schreibt Romano Guardini: „Das Unten ist nun einmal vom Wesen her Gleichnis für das Geringe, Schlechte; das Droben Gleichnis für das Edle, Gute, und jedes Emporsteigen spricht vom Aufstieg unseres Wesens zum ‚Allerhöchsten‘, zu Gott ... Darum führen die Stufen von der Straße zur Kirche. Sie sagen: Du gehst hinauf, zum Haus des Gebetes, näher zu Gott. Vom Schiff der Kirche führen wieder Stufen zum Chor. Sie sagen: Nun trittst du ins Allerheiligste ein. Und Stufen tragen zum Altar empor. Wer die hinaufgeht, dem sagen sie, wie einst Gott zu Moses auf dem Berge Horeb: ‚Ziehe die Schuhe von den Füßen, denn die Stätte, darauf du stehst, ist heiliges Land.‘ (Ex 3, 5) Der Altar ist Schwelle der Ewigkeit. Wie groß ist das! Nicht wahr, nun wirst du die Stufen wissend steigen? Wissend, dass es emporgeht? Wirst alles Niedrige drunten lassen, und wirklich ‚zur Höhe‘ steigen? Aber was soll man da viel sagen. Es muss dir innerlich klar werden, damit die ‚Aufstiege des Herrn‘ sich in dir ereignen, das ist alles.“ (Von heiligen Zeichen S. 26 f.)

Kreuzzeichen

Das Stufengebet beginnt „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Mit dem Kreuzzeichen stellen wir uns unter das Kreuz Jesu und bekennen in Wort und Gestus die beiden grundlegendsten Geheimnisse des christlichen Glaubens: Der Mund bekennt den dreifaltigen Gott, während die Hand ein Kreuz zeichnet und so den Glauben an das Geheimnis der Menschwerdung und die Erlösung durch das Kreuz zum Ausdruck bringt.

Psalm ‚Judica‘

Der Psalm ‚Judica‘ [Ps 43] ist besonders gut geeignet, den Gang zum Altar zu deuten, denn er enthält in groben Zügen eine wunderbare Zusammenschau der ganzen Messe.

Der vierte Vers wird zum Kehrvers: „Introibo ad altare Dei - Zum Altare Gottes will ich treten, zu Gott, der meine Jugend erfreut.“ Gemeint ist hier nicht so sehr die leibliche Jugend. Vielmehr steckt darin ein Hinweis auf die neue Geburt durch die hl. Taufe [vgl. Joh 3, 5], von welcher der hl. Ambrosius sagt: „Du hast abgelegt das Alter der Sünde und angelegt die Jugend der Gnade.“ Die Sünde lässt die Seele altern, macht sie hässlich und führt zum ewigen Tod. Die göttliche Gnade aber schenkt neue Jugend, die hinführt zum ewigen Leben. Eine Seele im Stand der Gnade ist immer jugendlich schön. „Mag auch unser äußerer Mensch aufgerieben werden, so wird doch der innere von Tag zu Tag neu.“ (2 Kor 4, 16) Durch die Sakramente und vor allem im heiligen Messopfer wird das göttliche Leben der Seele gestärkt und vermehrt. Wir nahen uns dem Quell des Lebens, um ‚erfreut‘ zu werden mit frischer Jugend.

„Wie kostbar ist Deine Huld, o Gott! Im Schatten Deiner Flügel bergen sich die Menschen. Am Reichtum Deines Hauses laben sie sich, mit dem Strom Deiner Wonnen tränkst Du sie. Ja, bei Dir ist die Quelle des Lebens, in Deinem Lichte schauen wir das Licht.“ (Ps 36, 8-11)

Drei Wege

Die Lehrer des geistlichen Lebens sprechen von drei Wegen, die der Mensch gehen muss, um zur Vereinigung mit Gott zu gelangen: dem Weg der Reinigung, dem Weg der Erleuchtung und dem Weg der Einigung. Entsprechend ist auch die innere Ordnung der gesamten Messe. Zunächst steht deutlich der Gedanke der Reinigung im Vordergrund, während Lesung, Evangelium und Predigt hauptsächlich der Erleuchtung dienen. Höhepunkt der Messe ist die heilige Wandlung und die sakramentale Vereinigung mit Christus in der heiligen Kommunion.

Der Psalm ‚Judica‘ spiegelt dieses geistliche Grundgesetz in geraffter Form wider: Der erste Vers [‚Judica me Deus ...‘] drückt das Verlangen nach Reinigung aus und nach Abgrenzung von der gottfremden Welt. Der „homo iniquus et dolosus - der böse und tückische Mensch“ ist der ‚alte‘ Mensch, der auch in uns gekreuzigt werden soll [vgl. Röm 6, 6]. So sagt der hl. Apostel Paulus: „Wenn ihr nach dem Fleische lebt, werdet ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Werke des Fleisches zum Sterben bringt, werdet ihr leben.“ (Röm 8, 13) In der Bitte des dritten Verses erkennen wir den Weg der Erleuchtung: „Sende aus Dein Licht und Deine Wahrheit; sie haben mich geleitet und geführt auf Deinen heiligen Berg und in Dein Gezelt.“ Im Heiligtum und durch den Segen vom Altar, werden wir dann aufs Innigste mit Gott vereint: „Und ich will zum Altare Gottes treten, zu Gott, der meine Jugend erfreut.“

Confiteor

Das Confiteor [Schuldbekenntnis] erinnert an das Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner im Tempel: „Der Zöllner aber ... wollte nicht einmal die Augen zum Himmel erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: ‚Gott, sei mir Sünder gnädig!‘“ (Lk 18, 13) Ebenso nimmt der Priester äußerlich die tief gebeugte Haltung eines Sünders ein, der sich zerknirscht an die Brust schlägt, um sein armes Herz zu heilsamer Reue zu erschüttern, während er den ganzen himmlischen Hof zu Zeugen anruft: „Ich bekenne Gott dem Allmächtigen, der seligen, allzeit reinen Jungfrau Maria, dem heiligen Erzengel Michael, dem heiligen Johannes dem Täufer, den heiligen Aposteln Petrus und Paulus, allen Heiligen, und euch Brüdern, dass ich viel gesündigt habe in Gedanken, Worten und Werken: durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine übergroße Schuld ...“

Das Schlagen an die Brust deutet Romano Guardini: „Du hast vielleicht schon einmal auf alten Bildern Sankt Hieronymus in der Wüste knien sehen, wie er mit einem Stein in der Hand schütternd an die Brust schlägt. Es ist ein Schlag, kein zierliches Getue. Er soll wider die Pforten unserer inneren Welt fahren und sie durchschüttern ... Das also bedeutet es, wenn der Mensch an seine Brust schlägt: er weckt sich auf. Er rüttelt die innere Welt wach, damit sie Gottes Ruf vernehme.“ (Von heiligen Zeichen S. 23 f.)

Versikel

Aufer a
nobisDas Stufengebet endet mit den in leicht gebeugter Haltung gesprochenen Versikeln.
Der hl. Ignatius von Loyola fordert in seinen geistlichen Übungen dazu auf, jeweils vor den Betrachtungen darum zu bitten, was man als besondere Gnade begehrt. Vielleicht dürfen wir die Versikel des Stufengebetes ähnlich deuten als innige Bitte um das, was wir als Frucht der hl. Messe begehren: „Gott, wende Dich uns zu und gib uns neues Leben. - Dann wird Dein Volk in Dir sich freuen. Erzeige, Herr, uns Deine Huld. - Und schenke uns Dein Heil. Herr, erhöre mein Gebet. - Und lass mein Rufen zu Dir kommen.“

Aufstieg zum Altar

Während der Priester die Stufen zum Altar empor steigt, betet er still das Gebet Aufer a nobis: „Nimm weg von uns, so bitten wir, o Herr, unsere Sünden, damit wir ins Allerheiligste mit reinem Herzen einzutreten verdienen.“

Das lateinische Wort ‚Sancta sanctorum‘ [wörtlich: ‚das Heiligste der Heiligen‘] bezeugt tiefe Ehrfurcht vor der Heiligkeit des Ortes.

Altarkuss

AltarkussDer Priester stützt zunächst die gefalteten Hände auf den Altar. Dann beugt er sich tief nieder und küsst ihn, während er still das Oramus te Domine spricht: „Wir bitten Dich, o Herr, durch die Verdienste Deiner Heiligen, deren Reliquien hier ruhen, und aller Heiligen, Du mögest gnädig nachlassen alle meine Sünden.“

Indem er die Hände auf den Altar stützt, will er andeuten, „dass er nicht auf eigene Kraft, sondern auf Christus und die Heiligen sich stütze, und dass er im Vertrauen auf die Verdienste derselben Nachlass all seiner Sünden von Gott hoffe und erflehe“ (Gihr S. 334).

Der Kuss gilt dem Altar, insofern er Sinnbild Christi ist. Nach urkirchlicher Tradition muss nämlich auf jedem Altar ein Altarstein sein, der bei der Weihe vom Bischof mit Chrisam gesalbt wurde. Das Chrisam deutet hin auf Christus [= der Gesalbte]. Unterstützt wird diese Symbolik durch fünf Kreuze, die auf dem Altarstein eingraviert sind und an die fünf Wunden Jesu erinnern.

AltarsteinGanz ausdrücklich gilt der Kuss aber auch den Reliquien der Märtyrer, die bei der Altarweihe im Altarstein eingemauert wurden. Zu Zeiten der frühen römischen Kirche war es Brauch, besonders am Gedächtnistag eines Martyriums die hl. Messe direkt über den Gräbern der Märtyrer zu feiern. Schon um das Jahr 270 bestätigt dies Papst Felix I. als eine längst bestehende Gewohnheit. Als später die Christen in Freiheit Kirchen bauen konnten, nahmen sie die Leiber der Märtyrer mit und bestatteten sie unter den Altären. Dabei denken wir an das geheimnisvolle Wort von der Öffnung des fünften Siegels in der Apokalypse des hl. Apostels Johannes: „Als es das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die hingemordet waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, an dem sie festhielten.“ (Offb 6, 9)

Die Märtyrer haben ihr Blut vergossen in Treue zu Christus und im Bekenntnis des wahren Glaubens. Die Kraft zur Darbringung ihres Lebensopfers hatten sie aber nicht aus sich selbst, sondern gerade aus der Vereinigung mit jenem Opfer, „von dem jedes Martyrium seinen Ausgang nimmt“ (Secret vom Donnerstag nach dem 3. Fastensonntag). Der Kuss des Märtyrergrabes soll Zeichen der Bereitschaft sein, verbunden mit der Bitte, dass auch uns das Opfer des Altares zum Kraftquell für ein frohes und mutiges Glaubenszeugnis werde.

Schließlich setzt dieser Kuss den Glauben an die Auferstehung des Fleisches voraus. Als Vertreter der streitenden Kirche auf Erden grüßt der Priester die Heiligen, deren sterbliche Überreste hier ruhen. Sie haben ihr Ziel bereits erreicht und erwarten in seliger Freude die Auferstehung ihrer Leiber [resurrectio carnis] am Jüngsten Tag. So wird der Kuss zum Ausdruck der festen Hoff53 nung, dass auch unsere Leiber einmal auferstehen werden in Herrlichkeit: „Unser Heimatrecht ist im Himmel, von wo wir auch den Heiland erwarten, den Herrn Jesus Christus. Er wird unseren armseligen Leib umgestalten, dass er teilhabe an der Gestalt seines verherrlichten Leibes vermöge der Kraft, mit der er sich auch zu unterwerfen vermag das All.“ (Phil 3, 20 f.)

Wenn der Priester sich zum Kuss niederbeugt, mag er in Demut daran denken, dass einer, der zur engsten Freundschaft mit Jesus berufen war, ihn gerade durch einen Kuss verraten hat: „Er näherte sich Jesus, um ihn zu küssen. Jesus aber sprach zu ihm: ‚Judas, mit einem Kuss verrätst du den Menschensohn?‘“ (Lk 22, 47 f.)

Altarinzens

Noch zwei weitere Riten stehen deutlich im Kontext der Weihe des Altares, nämlich das sonntägliche Asperges und die Altarinzens.

• Beim Asperges besprengt der Priester zunächst dreimal den Altar mit Weihwasser, wie auch damals der Bischof den Altar mit einem besonders geweihtem Wasser [gregorianischem Wasser] besprengt hat. Die anschließende Besprengung der Gläubigen erinnert wiederum an die hl. Taufe, in welcher auch sie zu lebendigen Gottestempeln geweiht wurden.

• Es gehört zu den eindrucksvollsten Zeremonien einer Altarweihe, wenn gegen Ende nach der Salbung auf dem Altar fünf Häuflein Weihrauchkörner entzündet werden, so dass der Altar in eine dichte Wolke gehüllt ist. Daran wird erinnert, wenn der Priester nach dem Stufengebet Weihrauch einlegt und den Altar beweihräuchert.

Schon im Alten Testament war die Wolke Zeichen der besonderen Nähe und Gegenwart Gottes: „Moses stieg den Berg hinauf; sodann verhüllte die Wolke den Berg. Die Herrlichkeit des Herrn ließ sich auf den Berg Sinai nieder, und die Wolke bedeckte ihn sechs Tage lang. Am siebten Tage rief er den Moses mitten aus dem Gewölk. Die Herrlichkeit des Herrn aber erschien den Israeliten wie ein loderndes Feuer auf dem Bergesgipfel. Moses ging in die Wolke hinein, stieg den Berg hinauf und verblieb vierzig Tage und vierzig Nächte auf dem Berg.“ (Ex 24, 15-18) Ähnlich wie Moses tritt auch der Priester vor Gott, und nicht weniger gewaltig als die Gotteserscheinung auf dem Sinai ist das Geheimnis des Altares.

Introitus

IntroitusDer Priester bekreuzigt sich und liest auf der rechten Seite des Altares den Eingangsvers [Introitus von introire = eintreten]. In alter Zeit war dies ein Psalmengesang, der während des Einzugs zum Altar gesungen wurde. Seit dem hohen Mittelalter ist er geschrumpft auf die heutige Form: Nach einer in schöne Melodien gefassten Antiphon folgt ein Psalmvers mit Gloria Patri, worauf die Antiphon wiederholt wird. Gewöhnlich gibt der Introitus die Grundstimmung der ganzen Messfeier an und eignet sich gut für den betrachtenden Zugang zum Festgeheimnis des jeweiligen Tages.

Kyrie

Das Kyrie eleison [= Herr, erbarme Dich] ist das einzige Gebet des Messritus, welches in griechischer Sprache abgefasst und bis heute so beibehalten wurde. Die Neunzahl der Anrufungen geht zurück auf den hl. Papst Gregor den Großen [† 604]. Sie soll erinnern an die neun Chöre der heiligen Engel und an die Einheit von himmlischer und irdischer Liturgie.

Wir sehen darin deutlich eine Huldigung an die Allerheiligste Dreifaltigkeit: Jeweils drei Anrufungen gelten nacheinander zunächst dem Vater, dann dem Sohn und schließlich dem Hl. Geist.

Die beiden Teile jeder einzelnen Anrufung entsprechen genau dem zweifachen Ziel des Menschen, nämlich der Ehre Gottes und dem Heil der Seele, wie der Katechismus lehrt: „Wir sind auf Erden um Gott zu erkennen, ihn zu lieben, ihm zu dienen und dadurch in den Himmel zu kommen.“

• Das ‚Kyrie‘ ist eine Huldigung zur Ehre Gottes. Es vereinigt uns im Bekenntnis zur wahren Gottheit und zum Königtum Christi mit dem hl. Apostel Thomas, der anbetend sprach: „Mein Herr [kyrios] und mein Gott!“ (Joh 20, 28) Auch denken wir an das Wort des hl. Apostels Paulus: „Auf dass beim Namen Jesu sich beuge jedes Knie, derer im Himmel, derer auf Erden und derer unter der Erde, und jede Zunge bekenne: Herr [kyrios] ist Jesus Christus, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ (Phil 2, 10 f.)

• Im Wort ‚eleison‘ erflehen wir Gottes Gnade zu unserem Heil. Auch hierin ist ein biblischer Anklang, und es ist gut, wenn wir es nicht nur mit denselben Worten, sondern auch in derselben Gesinnung rufen wie die Blinden vor Jericho: „Als sie von Jericho weggingen, folgte ihm viel Volk. Und siehe, zwei Blinde, die am Wege saßen, hörten, dass Jesus vorübergehe, und schrien: ‚Herr, erbarme dich unser [eleison ... kyrie], Sohn Davids!‘ Die Menge aber fuhr sie an, sie sollten schweigen. Doch sie schrien noch lauter: ‚Herr, erbarme dich unser, Sohn Davids!‘“ (Mt 20, 29-31)

Gloria

Das Gloria wird an allen Festen des Jahres gebetet. Es beginnt mit den Worten des Lobgesanges der Engel auf den Fluren von Bethlehem bei der Verkündigung der Geburt des göttlichen Erlösers: „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind.“ (Lk 2, 14) Seinen ursprünglichen Platz in der Liturgie hat es gemäß dem Sakramentar des hl. Papstes Gregor des Großen aber nicht an Weihnachten, sondern vielmehr an Ostern. Noch heute wird das Gloria in der Osternacht am meisten hervorgehoben. Erst seit dem 12. Jahrhundert wurde es auch an sonstigen Festen gebraucht.

Wie das Kyrie ist auch das Gloria klar trinitarisch gegliedert:
• Der erste Teil ist an den Vater gerichtet und enthält sehr stark das Motiv von Lobpreis und Dank: „Wir loben Dich. Wir preisen Dich. Wir beten Dich an. Wir verherrlichen Dich. Wir sagen Dir Dank ob Deiner großen Herrlichkeit. Herr und Gott, König des Himmels, Gott allmächtiger Vater!“

• Der zweite Teil richtet sich an den Sohn und enthält zusammen mit dem Lobpreis vor allem [wie beim Kyrie!] die Bitte um Erlösung: „Herr Jesus Christus, eingeborener Sohn! Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters! Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: erbarme Dich unser. Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: nimm unser Flehen gnädig auf. Du sitzest zur Rechten des Vaters: erbarme Dich unser. Denn Du allein bist der Heilige. Du allein der Herr. Du allein der Höchste, Jesus Christus.“

• Seinen Ausklang findet das Gloria mit einer Huldigung an die dritte göttliche Person: „Mit dem Heiligen Geist in der Herrlichkeit Gottes des Vaters.“

Theodor Schnitzler deutet sowohl das Kyrie als auch das Gloria vor dem Hintergrund des antiken Kaiserkultes als Huldigung an den himmlischen König: „Wenn ein Kaiser als siegreicher Feldherr Triumphzug hielt, wurde seine Via triumphalis [= Triumphstraße] umsäumt von den Scharen des Volkes. Dann lösten einander ab die Chöre der Huldigenden. Immer neue Titel und Ehrennamen wurden dem Sieger zugerufen. Ein Echo dieser Triumphzüge hat sich im Gloria, wie im Kyrie, erhalten. Immer neue Jubelrufe, immer neue Ehrentitel erklingen. Sehen wir nur die Gruppen: Wir loben dich! Wir beten dich an! Wir verherrlichen dich! Wir sagen dir Dank! Beachten wir die Reihe der Titel, von denen jedes einzelne Wort ein neuer Ruf, ein neuer Chor ist: Herr! König! Himmlischer! Gott! Vater! Allmächtiger! Herr! Eingeborener Sohn! - Wenn wir den Text auf diese Weise lesen, spüren wir seinen österlichen Charakter. Wir erleben den Triumphzug des österlichen Triumphators, des Siegers von Golgatha, des Königs Christus.“ (Theodor Schnitzler, Die Messe in der Betrachtung, Bd. II S. 19)

Dominus vobiscum

Dominus
vobiscumIm Dominus vobiscum entdecken wir ein wunderbares Zusammenspiel von Wort und Gestus.
Dieser Gruß hat schon im Alten Testament deutliche Bezüge zum Geheimnis der Menschwerdung. Im Buch Ruth, welches die Vorgeschichte des Hauses David schildert, aus dem einst der Messias kommen sollte, gebraucht ihn der Urgroßvater des Königs David: „Boas aber kam soeben von Bethlehem her und sprach zu den Schnittern: ‚Der Herr sei mit euch!‘“ (Ruth 2, 4) Der große adventliche Prophet Isaias [7, 14] kündigt Christus an als den ‚Gott mit uns‘: „Dies alles ist geschehen, damit erfüllt würde, was gesagt ist vom Herrn durch den Propheten: ‚Siehe, die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären, und man wird ihn Emmanuel nennen‘, was übersetzt heißt: ‚Gott mit uns‘.“ (Mt 1, 22 f.) Und als der Engel Gabriel bei Maria eintrat, um ihr die Verwirklichung des Heilsratschlusses zu verkünden, sprach er: „Sei gegrüßt, Begnadete, der Herr ist mit dir [Dominus tecum]!“ (Lk 1, 28) Der hl. Apostel Paulus gebraucht diesen Gruß in seinem Brief an die Thessalonicher: „Er aber, der Herr des Friedens, gebe euch den Frieden zu jeder Zeit und in jeder Weise! Der Herr sei mit euch allen!“ (2 Thess 3, 16)

Vor dem Dominus vobiscum beugt sich der Priester und küsst den Altar: „Da nun der Priester als Mittler zwischen Himmel und Erde am Altar steht, begrüßt er mit dem Altarkuss zuerst die triumphierende Kirche, um derselben Liebe und Huldigung zu erweisen, und danach im ‚Dominus vobiscum‘ die streitende Kirche mit Worten, die Heil und Segen auf dieselbe herabrufen.“ (Gihr S. 375)

Zum Volk hin gewendet, breitet der Priester vor der Brust beide Hände aus. Dieser Gestus drückt das Anwünschen des göttlichen Gnadenbeistandes aus. Zugleich kann er gedeutet werden als symbolische Umarmung, ähnlich, wie wenn eine Mutter ihr Kind an sich zieht.

Oration

Die Oration gehört zu den wechselnden Teilen der Messe. In vielsagender Kürze schließt sie alles in sich, worum wir Gott vor allem bitten wollen. Vor der Oration steht das Oremus [= ‚Lasset uns beten‘]. Die ursprüngliche Vollform war verbunden mit einem Flectamus genua [= ‚Beuget die Knie‘], dem ein kurzes stilles Gebet folgte. Bis heute hat sich das Flectamus genua bei einigen besonderen Gelegenheiten wie beispielsweise in den Quatembermessen, bei den großen Fürbitten des Karfreitags oder in der Osternacht gehalten.

In den gewöhnlichen Messen bleibt von der einstigen Gebetspause nur eine ehrfürchtige Verneigung des Priesters zum Wort Oremus. „Wenn diese Verneigung würdig und langsam gemacht wird, entsteht von selbst wieder eine Weile, die von stillem Gebet gefüllt werden kann.“ (Th. Schnitzler, Die Messe in der Betrachtung Bd. II S. 26) Das Volk ist eingeladen, sich in diesem kurzen Verweilen mit dem Gebet des Priesters zu vereinen.

Orante

OrationWährend der Oration erhebt der Priester seine geöffneten Hände. Diese Gebetshaltung heißt Orante. Sie ist schon auf Darstellungen in den frühchristlichen römischen Katakomben bezeugt und kennzeichnet den Priester als offiziellen Beter der Kirche.

Sie erinnert an Moses, der zum ägyptischen Pharao sprach: „Sobald ich die Stadt verlasse, will ich meine Hände zum Herrn ausbreiten; dann hören die Donnerschläge auf, der Hagel wird nicht mehr fallen, damit du erkennst, dass dem Herrn die Erde gehört.“ (Ex 9, 29) Später sehen wir Moses mit erhobenen Armen auf dem Berg in der Wüste beim Kampf gegen Amalek: „Solange Moses nun seine Hände erhob, obsiegte Israel; sobald er aber seine Hände sinken ließ, waren die Amalekiter überlegen.“ (Ex 17, 11)

Die Erhebung der Hände gilt als Ausdruck der Innigkeit des Flehens [‚händeringend‘], wie es beim Psalmisten heißt: „Höre auf mein lautes Flehen, da ich zu Dir um Hilfe rufe, da ich meine Hände hebe zu Deinem Allerheiligsten im Tempel.“ (Ps 28, 2) Die emporgerichteten Hände sagen Gott Lob: „So will ich Dich rühmen mein Leben lang, in Deinem Namen die Hände erheben!“ (Ps 63, 5) Sie zeigen die Richtung des Gebetes und werden im Psalmvers, den der Priester im feierlichen Hochamt bei der Beweihräucherung des Altares zur Opferung spricht, sogar ausdrücklich zum Opfergestus: „Herr, lass mein Gebet wie Weihrauch vor Dein Antlitz dringen. Wie ein Abendopfer sei vor Dir das Erheben meiner Hände.“ (Ps 141, 2)

Nach einer schönen Deutung des hl. Ambrosius nimmt der Priester in der Orante die Haltung Christi ein, der seine Hände vor dem Thron des Vaters in Kreuzesform erhebt, um ihm die Wundmale, den Preis unserer Erlösung zu zeigen.

Lesung

Schon für die Juden war es selbstverständlich, im Synagogengottesdienst aus den heiligen Schriften zu lesen. Jesus selbst gibt uns dafür ein Beispiel: „Er kam nach Nazareth, wo er aufgewachsen war, ging nach seiner Gewohnheit am Sabbat in die Synagoge und erhob sich, um vorzulesen. Man reichte ihm das Buch des Propheten Isaias.“ (Lk 4, 16 f.) Von Anfang an wurde dieser Brauch auch in die christliche Liturgie übernommen. Die beiden Lesungen der Messe heißen Lesung [oder Epistel von epistola = Brief] und Evangelium [von eu-angelion = Heilsbotschaft]. Um ihren Sinn zu verstehen, muss man bedenken, dass auch sie - wie alles in der Liturgie - zunächst zum Lob und zur Verherrlichung Gottes dienen und in zweiter Linie zur Belehrung und Erbauung des Volkes. Beides gehört untrennbar zusammen, und es wäre viel zu kurz geschaut, wenn die Lesungen nur als Belehrung gesehen würden.

Altarstein• Primär haben die Lesungen den Charakter einer Laudatio. Sie verkünden rühmend die Großtaten Gottes. Der Verkünder muss nach traditionellem Verständnis mit einer besonderen amtlichen Vollmacht ausgestattet sein [deputatio ad cultum divinum]. Diese wird stufenweise verliehen in den Weihen zum Lektor, Subdiakon und Diakon und befähigt dazu, im Namen der Kirche Gott das Opfer des Lobes [sacrificium laudis] darzubringen.

• Damit soll der zweite Aspekt weder geschmälert noch vernachlässigt werden. Die Worte der Schrift sind selbstverständlich bestens geeignet zur Belehrung des Volkes, und es ist vor allem die Aufgabe der Predigt, sie zu erklären und sie wie gute Samen in die Herzen der Gläubigen einzupflanzen.

Es ist für jeden Christen eine Pflicht und sollte ein inneres Bedürfnis sein, sich um eine solide Kenntnis der heiligen Schriften zu bemühen, sagt doch der hl. Hieronymus: „Unkenntnis der Schriften ist Unkenntnis Christi.“ (Is. prol.) Im Brief an seinen Schüler Timotheus schreibt der hl. Apostel Paulus: „Jede von Gott eingegebene Schrift ist auch dienlich zur Belehrung, zur Beweisführung, zur Zurechtweisung, zur Schulung in der Gerechtigkeit, damit ausgestattet sei der Mann Gottes, wohlgerüstet zu jedem guten Werk.“ (2 Tim 3, 16 f.)

Zwischengesang

Die Zwischengesänge sind ursprünglich Lieder, deren Texte wie beim Introitus und der Communio meistens den Psalmen entnommen sind. Sie sind zugleich eine Antwort auf die Lesung und eine Überleitung zum Evangelium. Gewöhnlich findet darin ein prägender Tagesgedanke einen meditativen Widerhall. Ihren Charakter ändern sie mit dem Kirchenjahr. Ab dem Sonntag Septuagesima bis Ostern bestehen sie aus dem Graduale und dem Tractus, in der Osterzeit aus zwei Allelujaversen und in der übrigen Zeit des Jahres aus dem Graduale und einem Allelujavers.

Munda cor

Munda corVor dem Evangelium betet der Priester in der Mitte des Altares tief verbeugt das Munda cor: „Reinige mein Herz und meine Lippen, allmächtiger Gott. Wie Du einst die Lippen des Propheten Isaias mit glühenden Kohlen gereinigt hast, reinige auch mich in Deinem gnädigen Erbarmen, und lass mich so Dein heiliges Evangelium würdig verkünden.“

Dieses Gebet erinnert an die erhabene Szene der Berufung des Propheten Isaias: „Vor der Stimme des Rufenden erbebten die Pfosten der Türschwellen, und der Tempelraum füllte sich mit Rauch. Da sprach ich: ‚Wehe mir, ich bin verloren; denn ein Mann mit unreinen Lippen bin ich und wohne unter einem Volke mit unreinen Lippen! Denn den König, den Herrn der Heerscharen, haben meine Augen gesehen.‘ Da flog zu mir einer der Seraphim heran, in seiner Hand einen glühenden Stein, den er mit einer Zange vom Altar genommen hatte. Mit ihm berührte er meinen Mund und sprach: ‚Siehe, dies hat deine Lippen berührt, gewichen ist deine Schuld, deine Sünde gesühnt.‘ Und ich hörte die Stimme des Herrn, der da sprach: ‚Wen soll ich senden, wer wird für uns gehen?‘ Und ich erwiderte: ‚Hier bin ich, sende mich!‘“ (Is 6, 4-8)

Evangelienseite

Während des Munda cor trägt der Ministrant das Messbuch auf die andere Seite. Die tiefere Symbolik der Evangelienseite kommt aus den Himmelsrichtungen, denn wo der Altar nach Osten hin ausgerichtet ist, weist sie in Richtung Norden. Da in unseren Breiten im Norden niemals die Sonne steht, gilt er als Symbol der Finsternis. Das nach Norden hin verkündete Evangelium ist wie ein Licht, das leuchtet in die Finsternis [vgl. Joh 1, 5].

Im Hochamt wird dies zusätzlich unterstrichen durch eine feierliche Evangeliumsprozession und durch die brennenden Kerzen der Akolythen.

Evangelium

AltarsteinDen Beginn des Evangeliums bezeichnet der Priester mit einem Kreuz, und auch die Gläubigen bekreuzigen sich an Stirn, Mund und Brust.

Das Wort Gottes soll unser Denken formen, auf den Lippen wiederklingen und im Herzen bewahrt werden.

Das Stehen beim Evangelium ist Ausdruck wacher Bereitschaft. Wie der junge Samuel sollen wir sagen: „Rede, Herr, Dein Diener hört!“ (1 Sam 3, 9) Der Christ drückt aus, „dass er sich zusammengenommen hat. Er ist wach, aufmerksam, gespannt. Und er ist bereit. Denn wer steht, kann sofort auf und davon gehen; kann ungesäumt einen Auftrag ausführen; mit einer Arbeit beginnen, die ihm zugewiesen wird. Das ist die andere Seite der Ehrfurcht vor Gott. Im Knien war es die anbetende, in Sammlung verharrende; hier die wache, tätige. Solche Ehrfurcht hat der aufmerksame Gehilfe, der gerüstete Kämpfer. Sie offenbart sich im Stehen.“ (Romano Guardini, Von heiligen Zeichen S. 19)

Am Ende küsst der Priester den Beginn des Evangeliums, indem er spricht: „Durch die Worte des Evangeliums mögen getilgt werden unsere Sünden.“ Darin steckt die Überzeugung, dass dem geoffenbarten Gotteswort eine exorzistische, sündentilgende Kraft innewohnt, denn wo das Licht leuchtet, vertreibt es die Finsternis. „Lebendig ist das Wort Gottes, wirksam und schärfer als jedes doppelt geschliffene Schwert; es dringt durch bis zur Trennung von Seele und Geist, von Gelenk und Mark, und ist Richter über Gedanken und Regungen des Herzens.“ (Hebr 4, 12)

Selbst im Evangelium finden wir also den für den gesamten ersten Teil der Messe prägenden Gedanken der Reinigung im Hinblick auf die bald beginnende Opferhandlung.

Credo

An Sonn- und Feiertagen folgt auf das Evangelium [bzw. auf die Predigt] das Glaubensbekenntnis. Während das Apostolische Glaubensbekenntnis mit seinen zwölf Glaubenssätzen seinen eigenen liturgischen Platz im Ritus der Taufe hat, wird in der hl. Messe ab dem 6. Jahrhundert und allgemein seit dem frühen 11. Jahrhundert das Große oder Nicæno-Konstantinopolitanische Glaubensbekenntnis gesprochen. Seinen Namen hat es von den beiden Konzilien von Nizäa [325] und Konstantinopel [381], auf denen vor allem wichtige christologische Glaubensinhalte klar definiert wurden. Es enthält in brillanter Kürze einen Grundriss der gesamten katholischen Glaubenslehre. Zum Höhepunkt des Credo bei den Worten „Et incarnatus est ... - Er hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist aus Maria, der Jungfrau, und ist Mensch geworden.“ beugt man anbetend die Knie.
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